Mittwoch, 28. September 2011

Tomatenschlacht


In Litauen war es irgendwie anders. Kein Zittern und Stottern, keine pausenverlegenen Ähms und Ohs, keine roten Stressohren. Es gab keinen Grund. Wahrscheinlich gibt es sonst auch keinen Grund. Aber es passiert trotzdem immer wieder, dass ich mich von einem Wort oder einem Satz so verunsichern lasse, dass es mir den Teppich unter den Füssen wegzieht. Man merkt mir das meistens kaum an, doch es passiert öfters, als es den Anschein macht. Vor Schulklassen, in Sitzungen, an Gottesdiensten. Ständig kämpfe ich gegen die Errötung meines Gesichtes an im Versuch, nicht wie eine Tomate durch das Vikariat zu gehen.

Heute vor der 20köpfigen neuen Schulklasse ist es nicht passiert. Ich stand einfach da, gab meine Doppelstunde und fühlte mich dabei wie ein alter Hase. Kam dazu, dass ich dank all den minutengenauen Vorbereitungen der letzten Wochen innerhalb einer Stunde einen kohärenten Stundenaufbau hinzaubern konnte. Der erste Lernerfolg hat sich spürbar eingestellt. Es ist die Kombination konzentrierter individueller Arbeit und einer Woche Frauenkonferenz, die mich heute so gelassen antreten liess, dass ich mich selber kaum wieder erkannte. Vielleicht liegt es daran, dass die Frauen sich in ihrer ganzen Ernsthaftigkeit einfach eine Spur weniger ernst nehmen. Vielleicht liegt es daran, dass folglich der Erwartungsdruck nicht so drückt. Frau tut halt, was sie kann, aus der Situation heraus, in der sie steckt. Vielleicht liegt es daran, dass ich mir meiner privilegierten Situation als Frau in der Schweiz wieder einmal so richtig bewusst geworden bin.

Frauenhandel - das war das Thema der Woche in Litauen. In Moldawien, in der Ukraine, Litauen und Weissrussland betreiben die Forumsfrauen intensive Aufklärungsarbeit, um Mädchen und Frauen davor zu bewahren, sich als Tänzerin, Pflegerin oder Prostituierte in den Westen verkaufen zu lassen. Seit ich zurück bin, überlege ich mir, wo unter uns diese Frauen wohl leben. Denn sie leben hier in St.Gallen wie überall in den reichen Industriestaaten. Sie sind plötzlich da, anonym gegenwärtig in meinem Bewusstsein. Wie kann mich da eine Schulklasse oder ein Gremium noch nervös machen!

Am Abend dann die Talfahrt. An einem Elternabend wurde meiner Kollegin und mir unmissverständlich klar gemacht, dass zwei Frauen nicht alleine ein Jugendlager in einer Grossstadt leiten können. Sie würden ihre Kinder viel lieber mitgehen lassen, wenn noch ein Mann dabei wäre. Die Kinder hätten einfach mehr Respekt vor Männern. Und ob den nicht der neue Pfarrer mitgehen könnte. Dass der neue Pfarrer auch eine Pfarrerin sein könnte, daran haben die Eltern gar nicht gedacht. Ich habe genickt und zugehört und innerlich gekocht.

So geht das, wenn man die Faust ins Gesicht geknallt kriegt.

Doch ich lasse mir das Gefühl nicht so einfach wieder wegnehmen. Den Kampf gegen die Tomate werde ich gewinnen!

Montag, 19. September 2011

The downfall of Lenin - Grutos park


http://www.grutoparkas.lt/istorija-en.htm

Another surprising day in Lithuania. Due to a lack of information (due to the misspelling of my e-mail address) I was given another day all by myself. The other ladies spent the day in Vilnius, whereas I discovered Druskininkai area. Angry at first I made the best out of it and had an amazing day! I decided that there was no point in being angry and took the day as an opportunity to chill out. The weather was amazing, a wonderful autumnal day, perfect conditions to get out of bed and have a look around.

I got to Grutos park by taxi where I had a tryst with Marx, Lenin, Stalin and co. After the end of the Sovjet Union in 1991, the Lithuanian people decided to keep all the Sovjet sculptures, instead of destroying them, and put them in a park. I've never seen something like this before and according to the website of the park this is a unique installation in the former USSR countries.

The area has something depressing and intimidating. As it was a Monday, there weren't many people around and I found myself standing alone in front of a huge Stalin monument or an armed soldier, no one else around. Not a very cheerful perspective. I could literally feel the terror that the Lithuanian people suffered under Sovjet rule. Nevertheless, the forest area has something peaceful and calm as well. A bizarre contrast.









The downfall of Lenin...









... and his re-erection











The day ended with a bike ride and a glass of wine above Nemunas river and an interesting perspective on a spider.

Sonntag, 18. September 2011

Lost in translation

- This one is in English. Not proofread. Carla-english -


I'm lost in translation. Me, myself and no one else, somewhere in Lithuania. Although, there are actually a lot of people in this little town called Druskininkai, two hours east of the capital Vilnius, but I don't understand a word of what everyone is saying and things are kind of different.

How did I end up here, all by myself?

The alarm clock woke me up this morning at 4 am. I took the first train of the day, together with all Saturday-night-party-goers, to get to the airport and to the meeting of the EFECW (Ecumenical Forum of European Christian Women) in Lithuania. As usual I was rather badly prepared for that travel (I remember last time when we met near Prague I almost got lost, due to broken phone and no ones phone number with me). This time, at least I printed out the sheet explaining the way from the airport to the meeting place. Self-confident I took the bus number 31 to Druskininkai. Almost there, I got a call from Martina from the Netherlands, saying that I was supposed to stay in Vilnius for one night, where I would meet Vivie from Greece. Apparently this information didn't make it to my e-mail-box. I would definitely have preferred to hang out in Vilnius with Vivie, but what can I do! Sorry, Vivie... :-)

And that's how I got lost in translation. For one night. Fortunately there was a room for me at the meeting place. Druskininkai is like a health center with spa hotels and sanatorium. I'm in a kind of sanatorium right now. Guests, some decades older than me, are going to get there pills at the reception. I was just checking in. On the other side of the streets happens to be a HUGE spa and aquapark. It seems to be famous in Lithuania. Everything is translated in at least three languages. www.akvapark.lt


It was not difficult to set the evening programme. Sauna, hot tub, roman bath, relaxing rooms... I missed almost all of it as I felt asleep on the hot Hammam stone for at least half an hour. Got out of the spa, ordered a take away pizza and two bottles of beer, went back to my hotel room, and here I am, writing my blog, in the middle of nowhere.

The fascinating thing about unexpectedly stranding somewhere is the complete anonymity you're in for a little while. It's like being out of the world - of my world. I enjoy it a lot - but I only enjoy it because I know that tomorrow I will meet my friends from all over Europe, and because I know that my friends are there, even if they are not here.

Imagine if it was like this every day of your life ---

Interreligiöses Gebet auf dem Klosterplatz

Dieses Jahr standen die Hindus und Sikh im Zentrum des interreligiösen Gebets.
Zum Einzug der Ehrengäste stimmten die Teilnehmenden den Schweizer Psalm an. Zuerst etwas schräg, dann aber ein tief berührender Moment.
VertreterInnen aus Politk und Religion und die Konfirmanden der Haldengemeinde
Andreas Nufer führt durch das Gebet.


Mit den Eindrücken des interreligiösen Gebets erfüllt, erfuhr ich kurz darauf von einem alten/neuen Skandal in der Berner Gemeinde Siselen, wo eine Pfarrerin meiner Generation Hasspredigten gegen den Islam und gegen unsere islamischen MitbürgerInnen unterstützt. Sie ist Berichten nach Mitverfasserin und -verwalterin des islamfeindlichen Blogs "Political Incorrect". Was mich zusätzlich entsetzt ist, dass 'man' in Kirchenrängen davon scheinbar schon seit längerem weiss und die jetzt erschienenen Medienberichte nur müde belächelt. Der Kirchenbund hat sich auf ein "no comment" beschränkt. Das macht mich krank. Die Kirchen MÜSSEN Stellung beziehen und radikale Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen!

Freitag, 16. September 2011

Das wichtigste Buch nach der Bibel

Es gibt die Bibel. Und es gibt das Raumnutzungsbuch. Andreas hat mir heute feierlich das Geheimnis des zweitwichtigsten Buches aller Zeiten anvertraut. Das Raumnutzungsbuch - trockener könnte der Buchtitel wahrlich nicht sein - steht für das Gemeindekonzept der ökumenischen Gemeinde Halden. Das Buch ist ein Symbol für Begegnung, Vertrauen und die einzig mögliche Zukunft der Kirche.

Die Haldenkirche steht immer offen. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche kann jeder Mensch die Kirche betreten. Manchmal beten schlaflose Menschen um drei Uhr in der Früh. Oder es finden Pressekonferenzen statt. Oder Schulkinder kommen zur Morgenandacht vor Schulbeginn. Zu einem Zwischenfall kam es nur ein einziges Mal, als übermütige Jugendliche der Versuchung erlagen, ein Auto in die Kirche zu fahren.

Die übrigen Gemeinderäume sind nicht 24/7 zugänglich, doch es sind rund 150 Schlüssel in der Gemeinde im Umlauf. Der Quartierverein, die Jugendband, die Hindus und die Tanzgruppe, alle haben einen Schlüssel. Niemand weiss so genau, wer einen hat. Doch es spielt auch keine Rolle. Jede Gruppe, die die Haldenkirche nutzt, versteht sich als Teil des Gemeindelebens. Das ist die einzige Bedingung zur freien Nutzung. Daraus leitet sich ab, dass jede Gruppe selber für die Sauberkeit der Räumlichkeiten verantwortlich ist. Messmer im klassischen Sinne, die aufbauen, organisieren, Kaffee machen und abräumen gibt es nicht. Die Abwärtin ist lediglich für die Grundreinigung zuständig. Das Konzept setzt neben einem hohen Mass an Selbstverantwortung auch eine Portion Unpinggeligkeit voraus. 

Das Raumnutzungsbuch steht für all dies - es steht für das grosse Vertrauen, das die Gemeindeglieder ineinander haben und das Büro in die Gemeinde; es steht für die unzähligen Begegnungen jeglicher Art, die hier stattfinden und es steht dafür, dass die Kirche der Zukunft nur dieses eine sein kann: Eine Kirche mit offenen Türen, die Quartierzentrum ist. So wie die Haldenkirche.

Und das zweitwichtigste Buch aller Zeiten? Darin tragen die Gruppen ein, wann sie welchen Raum nutzen. Zugang zum Schrank haben alle. Einen Raumverwalter oder eine Raumverwalterin gibt es nicht. Hier trägt die Gemeinde Verantwortung.

Montag, 12. September 2011

Sauerstoffmangel im Walfischbauch

Langes Wochenende in Strassburg... Hochzeit der französischen Art (Dessertbuffet um 3:30 in der Nacht eröffnet)... viele Erinnerungen an meine vier Jahre in Frankreich... Wiedersehen mit alten Freunden... Ich war irgendwie weg...

Die werte Leserschaft möge mir verzeihen!

Heute morgen um 7:00 Uhr in Strassburg auf den Zug, um 13:40 in St.Gallen vor der Klasse, zum Vierlektionenmarathon. Nervös war ich schon, trotz minutiös vorbereiteten Lektionen.

Bibelquiz und Gummibärchen.
Ja aber ein Mensch kann doch im Bauch eines Walfisches gar nicht überleben!
Ist eigentlich alles wahr, was in der Bibel steht?

Theologisieren mit Dreizehnjährigen. Es ist mir gelungen!

Mehr geht heute nicht mehr.

Noch eine Episode Gilmore Girls.

Und tschüss!

Montag, 5. September 2011

Segen für die Fussballfahnen

Quartiergottesdienst Halden, in Zusammenarbeit mit dem Sportclub Brühl: Der Gottesdienst findet am Sonntag um 10:30 Uhr im Fussballstadion statt. Die gesamte zweite Mannschaft ist anwesend. Die neuen Brühl-Fahnen und die FussballspielerInnen werden gesegnet.


Danach kriegen die SC Brühl Jungs vom FC Sarajevo 1:6 aufs Dach - aber Spass gemacht hat's trotzdem!

Die Young Believers sind fester Bestandteil der Gemeinde Halden. An Jugendgottesdiensten und an speziellen Anlässen treten sie auf, gecoacht von Musikern der Stadt St.Gallen. Die Idee, eine eigene Band zu gründen, kam den ehemaligen KonfirmandInnen vor einigen Jahren auf der Konfreise nach London. Die Begeisterung ist seither ungebrochen!


Talar meets SchüGa (St.Galler Lokalbier)

Modeln - die heimliche Nebenkarriere




"Das Solidaritätshaus soll ein offenes Haus für Flüchtlinge, MigrantInnen und SchweizerInnen sein. Es soll eine Anlaufstelle für Menschen in Not sein. Es setzt sich für die Integration ein und bietet Raum für Begegnungen und Eigeninitiative: Für Veranstaltungen, Kurse und insbesondere für einen Mittagstisch. Es soll auch ein Treffpunkt im Quartier werden."



3. September: Es ist der Tag der offiziellen Eröffnung des Solidaritätshauses, das seit März 2011 seine Türen offen hat. Das Engagement zahlreicher Menschen und grosszügige Spenden haben dazu beigetragen, dass dieses auf einem kleinen Hügel thronende Haus nun Tag für Tag für Begegnungen zwischen den Kulturen und Religionen offen steht.

Ich treffe um etwa 13 Uhr ein, mit knurrendem Magen. Die St.Galler Bratwürste auf dem Grill machen richtig Appetit. Doch statt mir eine Bratwurst zu schnappen, werde ich sogleich eingespannt: Als Model! Nichtsahnend werde ich in einen Raum gezerrt und schon stecke ich in einem Abendkleid, handgenäht von der russischen Modeschöpferin Maria Habit. Entsprechendes Schuhwerk habe ich halt nicht dabei - wer hat schon "für alle Fälle" High Heels im Gepäck - und so flipfloppe ich etwas ungeschickt über den blauen "Laufsteg". Germany's Next Top Model ist ein Witz gegen unsere graziöse Show! Heidi Klum war leider im letzten Augenblick verhindert. So bleibe ich halt Vikarin und lasse meinen Topmodeltraum endgültig sausen...



Interkultureller Laufsteg

Freitag, 2. September 2011

Küsse im Kirchenkeller


Die Betriebskommission betrachtet die neue Leinwand in der Kirche. 

Die Kommission ist verantwortlich für den Unterhalt der Kirchengebäude und Umgebung und für das Budget der ökumenischen Gemeinde. 

Vorplatz gejätet?

Kaputter Lampenschirm ersetzt?

Kanal gereinigt?

Oder soll der Lampenschirm doch lieber nicht ersetzt werden, dass die KonfirmandInnen ungestört im Kirchenkeller küssen können?