Freitag, 22. November 2013

Die kleinen Wunder Londons

Was fuer eine aufregende Woche... und ich ganz ohne Mobiltelefon, um sie zu dokumentieren! Die Auszeit von meinem Mini-Apparat geniesse ich zwar, aber das posten von Fotos per Social Media fehlt. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich das iPhone zuecken will, um meinen Aufenthaltort mit der ganzen Welt zu teilen. So muessen nun halt Worte genuegen.

Am Mittwoch und Donnerstag hat die Modefirma 'Hobbs' die Kirche mit Frauenfruehlingsmode und ranken Models belebt (mich haben sie natuerlich fuer ein Model gehalten... aber mein ungelenker Hueftschwung und meine Lachfalten haben mich verraten). Als Dank gab's einen grossen Blumenstrauss und zwei Flaschen Prosecco fuer unseren Kuehlschrank. Die Herrenmode steht im Januar an.

Und dann gibt es ja in diesem London immer wahnsinnig viel zu entdecken. Ueberall verstecken sich kleine Wunder. Am Mittwoch war ich zum St Cecilia Festival in die Westminster Abbey geladen. St Cecilia ist die Schutzheilige der Musiker, und jedes Jahr organisiert der Musician Benevolent Fund ein glamouroeses Fundraising Event zu Ehren eines Musikers. Dieses Jahr wurde das 100. Geburtsjubilaeum von Benjamin Britten erinnert. Der Musician Benevolent Fund (MBF) unterstuetzt Musikerinnen und Musiker, die durch Unfall, Krankheit oder Lebenskrisen in Notlage geraten. Die Swiss Church verbindet mit dem MBF zweierlei: erstens ist der Fluegel, der in unserer Kirche steht, langfristige Leihgabe des Funds. Zweitens wird das Musikprogramm der Swiss Church von einer der aktivsten Goennerinnen des MBF kuriert, Dr Ursula Jones, auch Mitbegruenderin des Benjamin Britten Chamber Orchestra und Vorstandsmitglied des KKL in Luzern. Nach dem Gottesdienst ging es zum Mittagessen zur beruehmten Whitehall Banqueting Hall, von wo dereinst Koenig Charles I zu seiner Enthauptung schritt.

Gestern waren ich und Nicky (= das Swiss Church team) zum Empfang in der London Library geladen - eine private Bibliothek mit einer ausserordentlichen Sammlung an fremdsprachigen Buechern (u.a. 40'000 deutsche Werke). Dieses versteckte Schmuckstueck ist sonst nur Mitgliedern zugaenglich (£460 pro Jahr), zu denen sich in der Vergangenheit illustre Personen wie Virginia Woolfe oder Charles Darwin zaehlten. Ein fantastisches Gebaeude und ein Paradies fuer Buchliebhaber! Ein paar Mitgaeste liessen sich fuer unseren Fondue Fundraiser begeistern - 'Swissness' zieht!

An solchen Tagen liebe ich das Leben in London, auch wenn mich die abendliche Rush Hour manchmal fast um den Verstand bringt und ich mich nach Heidiland und der ueberschaubaren Quartiermigros sehne.

Donnerstag, 14. November 2013

Die Klagemauer

Ich habe die Sonne in Spanien wieder gegen das gedimmte Licht in der Kirche eingetauscht. Waehrend erstere mich in den erst vergangenen Sommer zurueckholte, erinnert mich zweiteres an die Weihnachten, die da draussen vor der Tuer steht. Ich mag diese Zeit. Nie sind die viele Menschen so aufgeregt und hoffnungsvoll. Die bunten Lichter in den Strassen Covent Gardens machen alle so freundlich. Kaelte ist in England gar nicht so schlimm. Es gibt ja die gemuetlichen Pubs.

Damit die Einkaufenden im Vorweihnachtstumult auch etwas Ruhe finden, bauen wir unser spirituelles Programm im Advent aus. Donnerstags vor dem 'Prayer&Pub' gibt es eine Stunde 'Sit in Silence'. Man kann sich zum stillen Gebet, zur Meditation oder zum Kaffeetrinken dazugesellen und die Einkaufstaschen zur Seite stellen. Zu diesem Zweck werde ich auch wieder die Klagemauer aufbauen, ein neues Asset der Swiss Church, das ich am Gedenkgottesdienst an Allerheiligen eingefuehrt habe und das grossen Anklang fand. Wie bei der Klagemauer in Jerusalem koennen BesucherInnen ihre Gebetswuensche und Gedanken auf einen Zettel schreiben und zwischen den Backsteinen ablegen. Auf der Mauer koennen Kerzen angezuendet werden.

Die Gesteinsbrocken stammen noch vom Umbau der Kirche und waren im Keller unten versteckt. Nun kriegen sie eine neue Funktion.